Blitzpunkt: “Wie viele Lücken braucht Chemnitz?”

Blitzpunkt: “Wie viele Lücken braucht Chemnitz?”

 

In der kostenlosen Wochenzeitschrift blitzpunkt erschien ein sehr zutreffender und kritischer Artikel über unser Thema:

Lesen sie den Artikel hier im Original-Layout (LINK)

Chemnitz hat Mut zur Lücke. Rings um die mit neuen Bauwerken verdichtete City gibt es allein im Zentrum eine Menge davon und es werden immer wieder neue geschaffen. So erhebt sich wie ein einsames Mahnmal das Kunstgewerbehaus am Anfang der Dresdner Straße. Flankiert wird es aus Richtung Augustusburger Straße von dem Eck-Hochhaus bzw. vom Stammsitz der Stadtwerke Chemnitz AG. Warum aber die Bebauung rechts und links des Kunstgewerbehauses schon vor Jahren fallen musste, ist schwer zu verstehen. Manche Einwohner meinen, damit man besser in die tiefste Lücke im Chemnitzer Zentrum blicken kann: in das Conti– Loch. Vielleicht sollte man die entlang der Augustusburger Straße geplanten „Grünen Gärten“ gleich bis ins Conti-Loch hinziehen und hier eine Teichlandschaft anlegen?

Immerhin muss man sich nicht weit bewegen, um auf die nächste Lückenlandschaft zu stoßen. Um – drehen reicht. Denn gegenüber neben dem geplanten Archäologiemuseum, das im ehemaligen Schocken-Kaufhaus seine Heimstatt findet, klafft eine Lücke mit tiefem Einblick in Hinterhöfe (Bild 2). Die alte Mädchenschule ist abgerissen und die Pavillons, die einmal in Karl-Marx-Stadt in Vorbereitung eines Pioniertreffens entstanden, verstecken die un – schönen Rückfronten nicht. Daneben wird in diesen Tagen eine neue Lücke geschaffen, denn das ehemalige „Bräustübel“ bzw. die frühere Betriebsgaststätte der DDR-Post – nach der Wende ein Schuh-Discounter – wird abgerissen. Auch dafür will das städtische Gartenamt die Verantwortung übernehmen und wiederum eine neue Grünfläche anlegen – ganz gleich, ob man jemals die Pflege der bereits vorhandenen Parks, Wiesen und Spielplätze schafft.

Aber manchmal will Chemnitz auch eine Lücke schließen. Das soll in Zukunft mit der Schloßstraße geschehen. Vorerst braucht man die Straße noch, um eine Umleitung zu haben, wenn die Brücke an der Hartmannstraße gebaut wird. Die Umleitung kommt aus Richtung Brückenstraße neben der schön sanierten Janssen- Fabrik (Bild 1) an. Wenn die Umleitung nicht mehr ge braucht wird, soll die Schloßstraße eine Sackgasse werden (ab Eichamt Ecke Arndtstraße), damit der Park am Schloßteich ausgedehnt werden kann. Ist das sinnvoll, diese Straße zu sperren? Sollte die Stadt nicht lieber den verrümpelten Platz vor der Janssen-Fabrik in Ordnung bringen, um hier Parkraum – auch für die Handwerkerschule – zu schaffen? Bisher wurden nur ein paar Felssteine abgelegt, um Autofahrer zu hindern, unberechtigt darauf zu fahren, obwohl die Löcher ohnehin jeden hindern, der sein Auto nicht beschädigen möchte.

Gleich gegenüber entstand an der Promenadenstraße durch den Abriss eines wirklich desolaten Gebäudes eine Lücke – aber die Reste der Ruine liegen immer noch herum. (Bild 3). Nur ein Sprayer hat sich darauf verewigt. Wenige Schritte weiter klafft eine absolut hässliche Lücke an der Limbacher Straße – geschaffen durch die Abrissbirne (Bild 4). „Ich verstehe nicht, wie die Stadt eine solche Barbarei zu lassen kann“, ärgert sich Steffen Weise, Inhaber der Sattlerei an der Müllerstraße. „Chemnitz sieht inzwischen an manchen Stellen schlimmer aus als nach einem Bombenangriff. Denn was kommen nach einem Abriss nicht für Hinterhöfe ans Licht. Die sehen doch auf keinen Fall besser aus als die schönen alten Häuser. Die wären wirklich erhaltenswert.“

Gleich daneben in der Fabrikstraße wäre es für Chemnitz eine Schande, wenn eine neue Lücke entstünde. Denn hier steht die einzige noch existierende Produktionshalle des von der Stadt so hoch geehrten Chemnitzer Lokomotivkönigs Richard Hartmann (Bild 5). Im Moment noch ein hässliches Entlein, könnte sich die Halle eben so zum schönen Schwan mausern, wie das Sächsische Industriemuseum, auf das die Stadt Chemnitz heute so stolz ist und das Anfang der 1990er Jahre eigentlich abgerissen werden sollte. Immerhin waren die Sprenglöcher damals schon gebohrt. Vielleicht wäre es möglich, die neue Hartmann- Sport-Halle mit der alten Hartmann- Industriehalle und der sanierten Markthalle zu einem innerstädtischen Sport- und Gaststättenzentrum umzufunktionieren? Immerhin wäre der nun erhalten bleibende Volksfestplatz und der Schloßteich in der Nähe, so dass an einem etwas länger dauerndem Gaststättenbetrieb wenig auszusetzen wäre., da auch die Polizei hier „Anwohner“ ist.

Bleibt zu hoffen, dass die Chemnitzer Bürger und Abgeordnete nicht nur ein Auge auf ihre Stadt haben, sondern mit Herz und beiden Augen darauf schauen, was passiert und dass sie auch die Chemnitzer Grundstücksund Gebäudewirtschaftsgesellschaft mbH (GGG) als kommunale Tochter stärker in die Pflicht nehmen, damit konstruktiv bei der Gestaltung der Stadt und nicht nur bei der „Lücken – gestaltung“ wie an der Hans- Sachs-Straße gearbeitet wird.

Erschienen am 7.Februar 2009 im Blitzpunkt Chemnitz

Mit freundlicher Genehmigung des Blitzpunktes

Ein Gedanke zu „Blitzpunkt: “Wie viele Lücken braucht Chemnitz?”

  1. Wenn die in der Bildzeitung vom 15.04.2009 veröffentlichten Daten stimmen, dann stellt sich die Frage, wer diese Geldverschwendung von 30 Millionen Euro für diese zweifelhafte “Sehenswürdigkeit” zu verantworten hat? Wenn bisher für die “Sicherung” der 160000 Kubikmeter umfassenden Baugrube bereits unfassbare 30 Millionen Euro ausgegeben wurden, dann sind das 187,50 Euro für jeden Kubikmeter des Baugrubenvolumens. Das ist eine unbegreifliche Geldverschwendung. Demgegenüber hätte man für einen Bruchteil von etwa 20 bis 30 Euro pro Kubikmeter. d.h. für weniger als 5 Millionen Euro die ganze Baugrube längst wieder verfüllen können und den peinlichen Schandfleck von Chemnitz beseitigen können. Man fragt sich ohnehin, für welchen Investor oder Zweck diese Baugrube eigentlich offen gehalten wird? Das Conti-Loch erscheint somit wie ein moderner Schildbürgerstreich der zuständigen Behörden und Ämter von Chemnitz. Hat eigentlich der Bundesrechnungshof diese Geldverschwendung schon einmal angeprangert?. Wann erfährt endlich die Öffentlichkeit, welche verbindlichen Maßnahmen geplant sind, damit nicht noch mehr Geld in dieser spektakulären und sinnlosen Baugrube versenkt wird?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert