2. WORKSHOP DES STADTFORUMS CHEMNITZ – AUSWERTUNG
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Der 2. Workshop “Meine Ecke Chemnitz” hatte die Betrachtung der innerstädtischen Verkehrsbeziehungen des südlichen Zentrumsbereiches sowie eine mögliche bauliche Verdichtung zum Thema. Der unmittelbare Zustand wurde im Rahmen einer Begehung analysiert, in der anschließenden Diskussion ausgewertet und mit Vorschlägen zur zukünftigen Gestaltung untersetzt. Dabei haben sich zunächst visuell unmittelbar wahrnehmbare Problempunkte herausgestellt:
– Der Straßenraum der Bahnhofstrasse erscheint wesentlich überdimensioniert, die Proportion zum kleinen Zentrum ist unangemessen. Dieser Eindruck wird in den Kreuzungsbereichen der einmündenden Reitbahnstraße, der Zschopauer Straße, der Augustusburger Straße/ Brückenstraße und der Annaberger Straße verstärkt.
– Der motorisierte Verkehr der Bahnhofstraße steht in starkem Widerspruch zum Fußgängerverkehr, der sich im Bereich der Zentralhaltestelle vom Tietz Richtung Kaufhof und zurück bewegt. Die tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeiten sowie der übermäßige Schwerlastverkehr widersprechen einem Stadtzentrum ebenso wie die Belastung durch Lärm- und Abgas-Emission.
– Die vorhandenen Platzsituationen werden unterschiedlich von Passanten wahrgenommen. Dabei bildet der Bereich vor dem Tietz in Richtung Reitbahnstraße einen angenehmen Raumeindruck ab und stellt in Verbindung mit dem Zugang zum Tietz einen gut angenommenen Stadtraum dar. Die Freifläche vor dem Verwaltungsgebäude der Sparkasse wird nicht als Platz angenommen, die Aufweitung des Stadtraumes erzeugt ein eher unangenehmes Raumgefühl. Ein Verweilen wird durch die undeutlich ausgesprochene Platzsituation nicht angeregt.
– Neben der Bahnhofstraße liegen die Zentralhaltestelle sowie das Zufahrtsbauwerk der Parkgaragen Moritzhof und Kaufhof wie ein Riegel über dem Scharnier des Kernbereiches um die Moritzstraße (Tietz, Moritzpassage, Reitbahnstraße, Moritzhof etc.) zum unmittelbaren Stadtzentrum.
– Der gesamte Stadtraum um das Zentrum ist völlig überreglementiert und -möbliert. Dies führt zur Disqualifizierung der Raum- und Sichtbeziehungen sowie zur Belastung der Verkehrsteilnehmer und Passanten.
– Im Bereich des Johannisplatzes kann der weitläufige Raum nicht mehr als Zentrum wahrgenommen werden.
– Der derzeitige Blick vom Parkplatz Tietz in Richtung Zentrum kann infolge der überwiegenden Gebäuderückansichten ebenso wenig einen Eindruck von Stadtzentrum vermitteln.
– Das “Contiloch” stellt momentan auf Grund der Topografie und des natürlichen Bewuchses keinen Konflikt zur Innenstadt dar.
– Generell ist der Fußweg vom Hauptbahnhof zum Zentrum über die Bahnhofstraße ein abschreckendes Erlebnis für die Passanten und keine Werbung für Chemnitz.
Aus diesen Beobachtungen heraus haben sich additiv zu den bereits im ersten Workshop erarbeiteten Erkenntnissen neue Aspekte im betrachteten Bereich herausgestellt.
Basis für die Arbeit im zweiten Workshop waren die Überlegungen zur Verkehrsberuhigung der Bahnhofstraße sowie der Zwickauer Straße bis zur Reichsstraße. Dabei wird eine temporäre Lösung vorgeschlagen, die den bis zur Zschopauer Straße fertig gestellten Inneren Stadtring nutzt und von dort den Verkehr wieder der Bahnhofstraße in Richtung Dresdener Straße zuführt. Eine finale Lösung bietet die Fertigstellung des o.g. Rings, bei der die Verkehrsströme erst am Dresdener Platz wieder einmünden.
Der Bereich vom Falkeplatz bis zur Zschopauer Straße bleibt für den Durchgangsverkehr – ausgenommen ÖPNV – gesperrt, es besteht nur die Möglichkeit der Zu- und Abfahrt zum Zentrum, d.h. über die Einfahrten der Parkgaragen der Innenstadt. Der Durchgangs- und vor allem der Schwerlastverkehr werden von der Bahnhofstraße verbannt.
Auf diesen Gedanken aufbauend haben wir folgende Überlegungen entwickelt:
– Notwendig für die Verkehrsführung bleibt neben der Straßenbahntrasse jeweils eine Fahrspur pro Richtung. Der vorhandene Raum der derzeitigen Fahrbahnen kann für die zukünftige Gestaltung positiv genutzt werden. Um eine Schneisenbildung zu vermeiden, soll eine Radienführung den Verlauf der zukünftigen Straße kennzeichnen. Gleichzeitig können dadurch negative Platzerscheinungen, wie der Vorraum des Sparkassengebäudes entschärft und notwendige Plätze, wie beispielsweise vor dem Tietz dazu gewonnen werden.
Die Abwechslung entgegen dem geradlinigen Verkehr öffnet generell Gestaltungsräume, beispielsweise für Stadtgrün, Kunst oder dezente Stadtmöblierung. Der Bereich vor dem Tietz sollte durch die o.g. Straßenführung aufgeweitet werden. Hier bieten sich nach unserem Dafürhalten gute Bedingungen für einen an Shared Space angelehnten Stadtraum, da hier die dafür notwendigen Fußgänger- und Fahrradströme vorhanden und gewollt sind. Um den von Norden kommenden ausklingenden Stadtwall im Bereich des ehemaligen Beckerplatzes auch erlebbar zu machen, sollte die Haltestellenregion der Zentralhaltestelle dahingehend markiert werden. Dazu könnte die Überdachung unterbrochen oder aber der gesamte Bahnsteig bis auf diese Höhe eingekürzt werden. Im rückwärtigen Bereich der Zentralhaltestelle gibt es einen störenden Einblick in die Anlieferzone des Gebäudes Chemnitz Plaza. Dieser ist nach einstimmiger Auffassung unbedingt zu kaschieren. Dennoch sieht die Mehrheit der Workshopteilnehmer keine Baumasse in diesem Bereich, zumindest nicht zwingend zum jetzigen Zeitpunkt. Dieser Restbereich Beckerplatz sollte eher eine grüne Aufweitung des Walls erfahren, wie dies schon auf der gegenüberliegenden Seite passiert. Gegen den Hinterhof Chemnitz- Plaza sollte die Einsicht durch eine “grüne Wand” in Form einer Pergola o.ä. abgeschirmt werden.
Einen Achtungsabstand jeglicher Bebauung zum Sparkassengebäude Straumers halten wir für unbedingt notwendig.
Ein Teil der Teilnehmer sieht den Erhalt der mittlerweile begrünten Aufschüttungen im Bereich des auslaufenden Boulevards Wall als zwingend, wogegen die anderen Teilnehmer die Einebnung für die Sichtbeziehung vom Boulevard Richtung Tietz als wichtig erachten.
Die zukünftige Bebauung im Anschluss an das Gebäude Schocken darf nicht in unmittelbarer Folge der Höhe noch der plastischen Form der Fassade Mendelsohns folgen. Dies würde das Gebäude in seiner Bedeutung in im Kontext der historischen Einordnung gefährden. Eine Achtungsfuge in maximaler Bauhöhe der ehemaligen Mädchenschule könnte hier als Gelenk funktionieren.
Unbedingt sollte es zur Gestaltung der Fassaden einen Architekturwettbewerb geben.
Um die längerfristig Planung des Innenstadtrings und somit auch die Entlastung der Kreuzungen Bahnhofstraße / Zschopauer Straße bzw. Augustusburger Straße durch die vorzeitige Platzierung einer Bebauung am Johannisplatz nicht negativ zu beeinflussen, sehen wir keine Bebauung der Johannisplatzes mit straßenbegleitender Flucht. Eher sollte langfristig die Bebauung des jetzigen Fahrbahnstreifens rechts Richtung Hauptbahnhof geplant werden, um die Möglichkeit der Verdichtung zum Zentrum wahrzunehmen, und dem Jahannisplatz die weitere Entwicklung als Stadtraum offen zu halten.
In Richtung Falkeplatz gibt es nach unserer Auffassung im Bereich der Freifläche an der Einmündung der Annaberger Straße sowie auf der gegenüberliegenden Seite einen Verdichtungsbedarf. Hier sollte die Verbindung zum Rosenhof gesucht werden. Um die vorgenannte Verdichtung aufzunehmen und die Menschen in Richtung Rosenhof zu ziehen, könnte vor den trennenden Plattenbauten eine vorgelagerte Erdgeschosszone mit Einzelhandel geschaffen werden. Diese könnte sich in den Falkeplatzbereich bis in die Theaterstraße zum Parkhaus Rosenhof ziehen. Dort findet man dann auch den Zugang zum Rosenhof. Eine zweite Verbindung zum Rosenhof und dem Markt ist der Bereich Bretgasse, hier schon mit “Stadttor” markiert. Um diesen Eingang auch visuell aufzuwerten, sollte hier eine bauliche Dominante geschaffen werden, die den Gedanke „Stadttor“ unterstreicht.
Im Bereich der Zwickauer Straße erübrigt sich auf Grund der schon erwähnten Verkehrsberuhigung die Vorhaltung der überbreiten Fahrbahntrasse. Auch hier ist die deutliche Überreglementierung des Verkehrs sowie unsinnige Stadtmöblierung zurückzunehmen. Wie bereits im 1. Workshop gefordert, muss der Bereich vor dem „Gunzenhauser“ fußgängerfreundlich umgestaltet werden. Im weiteren Verlauf könnte die Reduzierung der Fahrspuren bis zur Reichsstraße rechts der Straßenbahntrasse zur Fortführung des von Schönau kommenden Grünzuges ermöglichen. Die dem Metropol-Kino folgende Freifläche sollte baulich bis zur Reichsstraße geschlossen werden, um den Eingang zur Innenstadt zu markieren.
In diese zum 2. Workshop gefundenen Erkenntnisse sind die aktuellen Verkehrsplanungen des Tiefbauamtes Chemnitz zum zentrumsumgreifenden Verkehr aufgenommen worden. Diesen standen die Teilnehmer alle positiv gegenüber.
Um unsere Überlegungen fortzuführen, wird es aufbauend weitere Workshops des Stadtforums geben, zu denen wir hiermit schon mal alle Interessierten einladen möchten.