Dilettantische Sanierung im Flächendenkmal
Wenn man mit offenen Augen durch unsere Stadt geht, kann man durchaus auch Zerstörung von Baukultur sehen, ohne dass ein Abrissbagger in der Nähe steht. So jüngst auf dem Kaßberg geschehen, genauer am westlichen Ende der Puschkinstraße. Hier werden tatsächlich im größten Flächendenkmal der Stadt historische Bauten in einer Art und Weise „saniert“, das man geneigt ist, der verantwortlichen Architektin das Diplom zu entreißen. Das hier die vormals ausgewogen gegliederten Fassaden mit einer Wucht an Unsensibilität in dumpfe Styroporhüllen verpackt wurden lässt sich sicherlich nicht durch die Alibidenkmalpflege der unverhüllt belassenen Eingangsgewände kaschieren – zumal diese nun nicht mehr aus der Fassade hervor- sondern hinter die Dämmstoffpackung zurücktreten. Die neuen Hauseingangstüren sind gestalterisch völlig aus dem Kontext gerissen, passen dafür aber gut zu den Plastikfenstern, dennoch in keiner Weise zum bauhistorischen Umfeld. Die brachial straßenseitig vorgepflanzten Balkonanlagen geben der Gebäudeansicht letztendlich den Todesstoß – gemeinsam mit dem Farbanstrich der Fassade.
Alles dies geschieht unter dem Deckmantel der „energetischen Sanierung“. Das diese durchaus mit guter Architektur in Einklang gehen kann – dafür gibt es genügend Beispiele, auch in unserer Stadt. Als Architekt sollte man nicht vergessen, dass die berufliche Hauptaufgabe gestalterischer Art ist. Diese Gestaltung mit einem energetischen Optimum zu verbinden erfordert etwas geistige Anstrengung, ist aber heute gang und gebe. Nie sollte eine energetische Bauweise als Alibi für Verunstaltung und Unfähigkeit herhalten.
Dennoch sind die Gebäude vermietet, was sicherlich dem Standort zu verdanken ist. Der Identität der Stadt und im Besonderen des Kaßbergs gereicht diese misslungene Aufhübschung keinesfalls zum Vorteil.
An dieser Stelle haben wahrscheinlich auch die Organe der Stadt ihre Verantwortung versäumt, Einspruch gegen die Preisgabe unserer überbrachten Baugeschichte zu erheben – ein schönes Stück Baukultur ist somit verloren gegangen.
Wie man es besser machen kann, zeigt der folgende Artikel aus der FAZ:
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Ein Gedanke zu „Dilettantische Sanierung im Flächendenkmal“
Das schlimmste ist m.E. das Durchbrechen des Kellergeschosses an der Hoffmannstraße um eine PKW-Zufahrt in den Innenhof zu schaffen. Dieser ist nun zu 100% (!) versiegelt und wird ausschließlich als Parkplatz genutzt. Kein Grün, kein Baum, kein Platz für spielende Kinder.
Warum geht die stadt Chemnitz so mit ihrem vermeintlich besten Viertel um? Andere Städte haben seit langem Satzungen beschlossen, die das weitere Versiegeln von Innenhöfen gerade bei einer Blockrandbebauung untersagen…